Afghanische Fluchtlinge
in Japan landen im Gefangnis
Recht wechselhaft reagiert Japan auf die Not afghanischer
Fluchtlinge.
Groszugige Regierungshilfe bekommen die Menschen
in den Lagern an der
pakistanischen Grenze. Kurzerhand eingesperrt
werden dagegen Afghanen, die in Tokio um Asyl bitten. Nach den Terroranschlagen
in den Vereinigten
Staaten sind neun Afghanen von der Einwanderungsbehorde
einbestellt und
anschliesend festgenommen worden, obwohl sie
bereits regulare Asylantrage gestellt hatten. Ihre Anwalte haben vergeblich
gegen die Festnahmen protestiert und werfen der Regierung politisch motivierten
Aktionismus in Sachen Terrorbekampfung" vor. Die Behorden berufen sich
auf Gesetze gegen "illegale Einwanderung". Daher wird befurchtet, den Fluchtlingen
konnte trotz des Kriegs die Abschiebung in ihr Heimatland drohen.
Die Regierung greift sich einfach alle ihr bekannten
Afghanen, um den
Japanern ihre Entschlossenheit im Kampf gegen
den Terror zu zeigen", sagt der Anwalt Sosuke Seki, der die Asylbewerber
vertritt und sie in einer Haftanstalt der Einwanderungsbehorde in Tokio
besucht hat. Den Afghanen sind eigenen Angaben zufolge Fragebogen vorgelegt
worden mit Fragen wie "Was wissen Sie uber Osama bin Laden?" oder "Was
halten Sie von den Taliban?". Doch egal was sie geantwortet hatten, sie
seien alle am 3.Oktober festgenommen worden.
Japanische Beamte bestreiten jeden Zusammenhang
mit der Terrorbekampfung. Die Afghanen waren ohne Passe und daher illegal
in Japan eingereist", sagt Shinya Tanaka von der Einwanderungsbehorde in
Tokio. Helfer der Fluchtlinge verweisen jedoch darauf, dass Japans Regierung
schon 1997 das umstrittene Inhaftieren von Asylbewerbern eingestellt hatte.
Ironischerweise sind acht der neun Inhaftierten
Angehorige der von der
Taliban verfolgten Hazara-Minderheit. Diese Manner
haben unter den Taliban gelitten", sagt Seki. Einer der etwa 20- bis 40-jahrigen
Manner habe seine Mutter und zwei Bruder durch Gewaltakte der Taliban-Milizen
verloren, ein anderer sei gefoltert worden. Alle neun seien bereits im
Sommer in Japan angekommen und hatten im Juli oder August ihre Asylantrage
gestellt, also lange vor den Terrorakten in den Vereinigten Staaten.
Zudem hat Japan nicht unbedingt ein Problem mit
"Fluchtlingsstromen" aus Afghanistan oder anderen Landern. Die meisten
Fluchtlinge werden noch in den Hafen oder Flughafen des Inselstaates aufgegriffen
und umgehend abgeschoben, bevor sie uberhaupt Asyl beantragen konnten.
Auch deshalb war die Statistik der anerkannten Asylbewerber viele Jahre
lang sehr konstant. 1994: Ein einziger Fluchtling erhalt in Japan Asyl.
1995: wieder einer. 1996: noch einer. 1997: wieder einer. Nach internationalen
Protesten stieg die Zahl der Anerkennungen im Jahr 1999 auf 13. In Deutschland
waren es im selben Jahr 4114.
Fursprecher der nun inhaftierten Afghanen argern
sich besonders uber die
Scheinheiligkeit der japanischen Regierung. Seit
Beginn der Angriffe auf
Afghanistan vergeht kein Tag, an dem Japans Premier
Junichiro Koizumi und seine Minister nicht uber "humanitare Hilfe fur afghanische
Fluchtlinge reden. Tokio hat sechs Flugzeuge mit Decken und Zelte nach
Pakistan geschickt und viele Millionen Dollar an Fluchtlingshilfe versprochen.
Henrik Bork |